von Henning

Im September gibt es immer einen Sonntag, an dem meine Hunde extrem verwirrt sind. Warum müssen wir schon im Dunkeln zur Morgenrunde? fragen sie sich. Leos Blick spricht es aus.

Aber was solls. Das Wetter war toll, vielleicht etwas frisch, und die Sterne funkelten noch am Firmament. Der See lag ruhig in der Dämmerung und die Sonne klopfte langsam an. Der Grund für das frühe Aufstehen war natürlich das Radrennen in Schwerin.

Es waren also gute Aussichten auf das 9. Jedermann Radrennen in Schwerin! In diesem Jahr hatten die Schnellfahrer vom Inselsee Klaus-Dieter, Molle, Peter und ich gemeldet. Wir entschieden uns dieses Mal aus den unterschiedlichsten Gründen allesamt für die 60 km Strecke.

Molle hat ein ausreichend großes Auto für drei Rennräder besorgt, so dass er uns, Peter und mich, nach Schwerin mitnehmen konnte. Und ja, der Ford Ranger war auf jeden Fall nicht zu klein… Wir waren dann sehr pünktlich bei Klaus-Dieter in Schwerin. Der Vorteil eines “Einheimischen” ist, dass er die Startunterlagen schon im Vorfeld abholen kann und wir nicht noch früher am Start sein müssen.

Dem Blick in die Tüten folgte allerdings die Ernüchterung. Natürlich waren der Transponder und die Startnummer drin. Aber sonst? Bis auf eine Probenpackung eines Shampoos eines Sponsors war da nix weiter enthalten. Bisschen dürftig für die Menge an Startgeld!

Zum Glück hat der Veranstalter dieses Jahr auf Einweg-Transponder umgestellt. Den mussten wir an die Sattelstütze kleben und mussten ihn nicht wieder abgeben. Damit entfielen die 60,00 € Pfand und die elendig lange Schlange an der Abgabe nach dem Rennen. Die Transponder waren jedenfalls schnell angebracht und die Räder waren bereit.

Wir waren so überpünktlich, so dass Bärbel uns sogar noch einen Kaffee kochen konnte. Der tat gut! Und dann die schwere Entscheidung, welche Radbekleidung wohl die richtige wäre. Die Wettervorhersage für Schwerin besagte ab 10:00 Uhr (die Startzeit) 14 – 15 Grad. Für mich gab es keine Diskussionen, ich hatte mich schon vor der Abfahrt entschieden und nix anderes mit. Aber der Entscheidungsprozess bei den anderen Sportsfreunden dauerte doch etwas…

Im Endeffekt war es ein bunter Mix, 2x lang/lang, 1x lang/kurz und 1x kurz/kurz. Vor der Abfahrt zum Startbereich war noch (natürlich) Zeit für ein Foto:

Von Zippendorf ging es dann in gemütlicher Fahrt zum Startgelände am Marstall. Der Weg führte uns am schönen Schloss vorbei. Ein herrlicher Anblick bei dem Wetter!

So pünktlich wir bei Klaus-Dieter waren, umso mehr Zeit haben wir uns dann gelassen. Wir waren zwar noch absolut rechtzeitig am Start, aber wir mussten uns dann ziemlich weit hinten einreihen. Die haben wohl alle keine Nerven…

So schlimm war die Startposition allerdings nicht. Schließlich gibt es erst einen neutralisierten Start. Dieser führt in gemächlichem Tempo vom Marstall zur Zippendorfer Brücke. Es waren also genug Möglichkeiten, sich weiter nach vorne zu arbeiten. Nach ganz vorne muss nicht sein, aber ein ganzes Stück sollte es werden, schließlich waren 300 Fahrer am Start. Die 90 km Fahrer starteten zum Glück eine viertel Stunde später, so dass es da kein Durcheinander gab.

An der Brücke erfolgte dann der scharfe Start und das Rennen begann. Wir vier waren an der Stelle noch dicht beisammen. Und es ging gleich richtig zur Sache. Scharfe Rechtskurve und der Plater Berg “türmte” sich vor uns auf (600 m, im Schnitt 4,3 % Steigung, max. 7% Steigung). Wenn wir hier im Norden von Berg sprechen, ist das natürlich alles relativ.

Ich erklomm den Berg recht fix und von den anderen Drei habe ich nichts mehr gesehen. Und so sollte es auch bis zum Schluss bleiben. Auf dem anschließenden flachen Teilstück ging es nun darum, die richtige Gruppe zu finden. Mal musste ich eine Lücke schließen, mal war ich kurz davor den Anschluss zu verlieren. Knappe 15 km so ziemlich am Anschlag fahren, schlauchte doch ganz schön. Die ersten 10 km legte ich in einem knappen 40er Schnitt zurück. Es fügte sich dann aber und das Rad rollte ganz gut.

Nach einer Weile blickte ich mich mal um und ich sah… Nichts! Es war weit und breit niemand zu sehen. Ich war wohl in einer richtig schnellen Gruppe. Das Rennen plätscherte so dahin und mit zunehmender Dauer war ich sehr froh, mich für die 60 km entschieden zu haben.

Diese Strecke, die seit dem letzten Jahr gefahren wird, hat einige Anstiege, die nochmal alles durcheinander bringen können. Das macht die Sache natürlich interessant, aber auch schwierig. Meine Gruppe blieb aber größtenteils zusammen. Die ausgewiesenen Gefahrenstellen meisterte ich auch problemlos. Hinzu kam von km 11 bis 48 der relativ starke Gegenwind. Natürlich nicht durchgängig, aber gefühlt schon!

Nach 48 km in Retgendorf bogen wir dann in Richtung Süden ab und es ging direkt am Schweriner See wieder in Richtung Stadt. Ein herrlicher Streckenabschnitt! Allerdings stieg die Geschwindigkeit auch wieder an und es hieß: Dran bleiben! Das gelang mir und wir fuhren über den für den Straßenverkehr gesperrten Paulsdamm nach Schwerin. Die Geschwindigkeit war weiterhin hoch.

Was ich nur von der Tour de France und ähnlichen Radrennen aus dem Fernsehen kenne, kam nun auf mich zu. Ein Kreisverkehr. Ich entschied mich richtigerweise ihn links rum zu nehmen. Einige in meiner Gruppe fuhren ihn rechtsrum und mussten so ein paar Meter mehr fahren und schon wurde die Gruppe wieder durchgemischt.

Die Güstrower Straße (ein toller Name für uns Schnellfahrer vom Inselsee) ging nun in die Werderstraße über und es war nicht mehr weit zum Ziel am Marstall. Die Geschwindigkeit stieg weiter an! Ich wusste nun nicht, ob ich sprinten sollte. Wir waren eine ziemlich große Gruppe. Man weiß ja nie, wie sich die Leute so verhalten und wie ernst und verbissen sie sowas nehmen. Ich entschied mich, im Sattel zu bleiben und so die Geschwindigkeit noch weiter zu erhöhen. Das reichte dann bis fast 50 km/h und so überholte ich noch aus meiner letzten Position fünf aus meiner Gruppe!

Die offizielle Uhr blieb bei 1:46:32 h stehen und mein Radcomputer zeigte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 34,5 km/h an.

Ich rollte ein paar Meter aus und postierte mich dann im Zielbereich mit dem Handy in der Hand und war bereit, die Zieldurchfahrt der anderen drei Schnellfahrer fotografisch festzuhalten. Sie mussten ja gleich kommen, dachte ich. Aber es kam irgendwie keiner… Erst kam gar keiner, dann kam mal einer, dann eine kleine Gruppe, dann mal wieder Einzelne. Aber von den Schnellfahrern war nix zu sehen. Ich zweifelte schon an mir und guckte mich immer wieder um. Nicht dass sie doch schon im Ziel waren.

Dann endlich sah ich ein giftgrünes Oberteil! Das musste entweder Molle oder Peter sein. Und tatsächlich, es war Molle und kurz vor ihm fuhr Klaus-Dieter. Aber wo war Peter? Als ich diese Farbe dann nach einiger Zeit wieder sah, war ich beruhigt.

Tja, von mir gibt’s leider kein Zielfoto…

Nun waren wir also alle im Ziel. Klaus-Dieter wurde schon von Schweriner Kumpels erwartet. Wir holten uns die Finishermedaillen ab. Durch die geänderte Transpondertechnik war es schön entspannt.

Nun ist es aber so, dass wir nicht nur wegen des Radrennens nach Schwerin fahren. Klaus-Dieter ist ja bekanntlich ein leidenschaftlicher Angler und er holt den einen oder anderen Hecht aus den Seen. Diese verarbeitet er zu Hechtbouletten und die tischen er und Bärbel uns dann immer auf. Es gibt dazu noch Salat und Baguette und Getränke. Das ist alles so lecker!

An dieser Stelle einen herzlichen Dank an Klaus-Dieter und Bärbel. Bei dem herrlichen Sonnenschein auf der Terrasse mochte man mit den schweren Beinen gar nicht aufstehen. Aber es nützt ja nix. Wir mussten wieder zurück nach Güstrow. Die Räder waren verstaut und Peter hat die Aufgabe des Fahrers übernommen. Ein herrlicher Radfahrtag ging dann langsam zu Ende!

Das offizielle Ergebnis der Schnellfahrer vom Inselsee:
62. Henner, 1:46:32 h
104. Klaus-Dieter, 1:56:16 h
108. Molle, 1:56:24 h
118. Peter, 1:58:12 h

Mannschaftswertung:
6. Platz von 11