Manfred Thurm (05.10.1951 – 13.02.2016)
Hallo Thürmer!
So wurdest du über Jahrzehnte genannt. Über den Fußball, von der BSG Lok Güstrow, bist du in den Segelverein, sicherlich geprägt von deinem Vater, in die damalige SG Dynamo Segeln gewechselt und hast dort die Anfänge des Trainingszentrums Segeln Güstrow erlebt. Deine ersten Übungsleiter waren die gestandenen Segler Walter Meier und Dieter Zirzow. Dynamo war damals von Einhandjollen geprägt (O-Jollen und Finn-Dinghis), die du schon als Kind und Jugendlicher gesegelt hast. Sicherlich hast du auch mit Hanning Maaß Ausflüge in den Piraten unternommen, aber den hast du eigentlich erst viel später entdeckt.
Ich kann mich noch gut an eine Teilnahme an der damaligen Walter – Stallbohm – Gedächtsniswettfahrt (heute Schweriner Frühjahrsregatta), an der du im Finn GO 134 (Walter Meiers rotes Sperrholz Finn) und Christian Fritzsche und ich im FD GO 110 teilnahmen, erinnern. Das war 1966, du warst damals noch keine 15 Jahre alt. Es war relativ leichtwindig und du hast den Finn-Größen wie Jürgen Mier (Olympiateilnehmer und Weltmeister), Bernd Dehmel (Olympiateilnehmer und Europameister), Christian Schröder (später Europameister und Olympiateilnehmer) und auch dem Tschechen Miroslav Vejvoda (Olympiateilnehmer) richtig Paroli geboten. Du hattest nämlich von fünf Wettfahrten zwei gewonnen. Und da wurde der Tscheche vorgeschickt, das hoffnungsvolle Talent rauszuschmeißen, weil es angeblich eine Berührung zwischen dir und ihm gegeben hatte. Ein erster Platz war futsch. Du wärst nämlich sonst auf dem Treppchen gelandet. Irre!!!
Ein Jahr später sind wir zur DDR – Spartakiade nach Berlin gefahren, du wieder in dem legendären roten Finn, Reinhard Seidler und ich im Piraten, Jörg Leverenz von der VP Güstrow hat uns mit einem Polizei H3A gefahren. Du bist so um den Platz 10 gelandet gegen die ganzen Clubis (etwas über 20 Starter). Das war wirklich top, denn die Clubis hatten alle haushoch überlegenes Material. Aber entscheidend für diese Anekdote war, dass wir irgendwo so eine grüne Girlande aufgegabelt und um das Finn gewickelt hatten, alle dachten du bist Meister. Wir haben uns diebisch gefreut hinten auf dem H3A sitzend und du hast tolle Volkslieder gesungen, die irgendwann wieder von vorne anfingen.
Danach bist du dann zum SCT dem Sportclub Traktor Schwerin gewechselt und hast dort auch gleich Finn gesegelt. Du hast uns zwei Anekdoten von der Ostsee erzählt, mit der magischen NEUN. Die eine beim Rausfahren zum Start, da bist du neunmal gekentert, neunmal in den Ostseewellen aufgerichtet – Hut ab! Am Start angekommen warst du so platt, dass du wieder nach Warnemünde in den Yachthafen zurückgesegelt bist. In Warnemünde segelten damals zu den Ostseeregatten (heutige Warnemünder Woche) auf dem Ost Kurs vor Markgrafenheide die kleineren Jollen. Es lag dort ein festes Betonnungssystem mit acht Stahlbahnmarken, riesige Dinger im Umfang und auch von der Höhe. Man musste beim Runden echt Abstand halten, sonst konnte man Schaden nehmen. Also wieder mal Ostseeregatta. Auf dem Kurs an der Luvbahnmarke herrschte eine Wahnsinnsströmung. Du steuertest die Bahnmarke vom Kreuzkurs kommend mit Überhöhe an, es sagte Boing… Bahnmarke gebummst. Damals musste man lt. WR die Marke noch einmal runden, gibt es heute Gott sei Dank nicht mehr. Also du wieder Anlauf genommen, noch mehr Überhöhe – Boing… wieder die Bahnmarke gebummst (es heisst ja eigentlich berührt). Wieder Anlauf… neunmal hintereinander, dann wieder die Entscheidung ab in den Hafen.
Du warst beim Club nicht ganz schlecht, aber in die Spitze wolltest du dich dann doch nicht quälen und so kamst du wieder zurück nach Güstrow. Du bist dann aber nicht zu Dynamo, sondern zu uns zur BSG Lok Sektion Segeln gekommen und hast dort mit Dietrich Rist, unserem Titus, Pirat (anfangs die legendäre 632, später dein eigenes Boot die 2124) gesegelt. Die 2124 entstand in unserer legendären Güstrower Bootsbaugemeinschaft, deren Mitglied du warst, die in einem Rutsch 1973 14 Piraten gebaut hat. Eine tolle Leistung und du Thürmer warst dabei. Auch wir haben mal in Plau zusammen gesegelt, waren am Morgen zum Start etwas spät dran und sind dann kurzerhand im Pyjama in das Boot gestiegen. Prompt kommt uns ein Fleischdampfer in der Elde entgegen, besetzt mit unseren Lehrern aus Güstrow. Einige nahmen es mit Humor, andere waren nachtragender.
Ihr wart eine unserer erfolgreichen Crews und habt so machen Urkundenschreiber herausgefordert. Da stand dann auf der Urkunde statt Thurm – Rist, Thuria – Rost zu lesen. Rost wurde dann noch veredelt indem davor das Wort Rabbi gesetzt wurde, der Bart machte das aus, der war damals etwas gewaltiger als heute. Ja, die Urkundenschreiber lagen nicht ganz verkehrt, denn wenn wir auf Tour (Thuria) gingen mussten wir manchmal Schrott (Rost) abgeben, um uns das Wochenende leisten zu können. Dann ging es mit Titus’ Wolga vom Typ M 21, der sonst nur VK 30 gewohnt war, nach Berlin auf Tour. Der Wolga bekam dann Kraftfutter nämlich Super plus = VK 94. Da hat sich zu unserem Spaß so mancher Berliner Autofahrer die Augen gerieben, was so eine M 21 Kiste alles drin hatte.
Ihr seid im Jahr 1979 Gewinner des Silbernen Beiles gewesen, vierter bei der DDR-Meisterschaft. Es war eine tolle Zeit. In den achtziger Jahren musstest du dann manchmal vor dem Zelt warten, weil der Rabbi noch Besuch hatte und dieser ihn dann ja auch nach Berlin zog. Da hast du dann den Piraten verkauft und bist wieder Einhand gesegelt. In den siebziger und achtziger Jahren hat unser Verein auch sehr aktiv Fußball gespielt, du warst nicht sehr bewegungsfreudig, aber in Sachen Vollstrecker hätte HANSA dich heute mit Kusshand genommen. Du hast die Bälle die du bekamst eiskalt und ansatzlos verwertet. Und gehörtest den siegreichen Mannschaften bei Hallenturnieren und auch der legendären Mannschaft an, die Traktor Bölkow mit 3:2 auf des Gegners Platz besiegte.
Wir waren aber auch eifrige Hansabesucher und habe so machen schönen Sieg über alle prominenten Bundesligamannschaften aber auch den FC Barcelona und Inter Mailand erlebt.
Nach der Wende wolltest du das Familiensegeln ankurbeln, indem du aus Tharau das erste Dickschiff holtest, das du mit deiner Frau dann sinnigerweise auf „Klärchen“ tauftest. Aber die Familie zog nicht richtig mit, also wieder Einhand und Pirat segeln mit Erfolg.
Du hast dann wieder Pirat gesegelt und hast gute Beziehungen nach Österreich und in die Tschechei aufgebaut. Darüber könnte man auch Bücher schreiben. So sind wir dann mit unseren Familien im Schlepptau zum Rosenwindpokal an den Attersee nach Österreich gefahren. Du hattest das Quartier auf der Alm und alles andere organisiert. Wir sind dann brav mit dem Boot hoch zur Alm gefahren. Irgendwann haben wir es dann abgehängt und auf einer Ausweichfahrspur abgestellt. Da stand es dann ein paar Tage sichtbar aus dem Tal… die müssen alle gedacht haben: „…was sind das für bekloppte Typen!“ Wir hatten unseren Spaß und haben eine schöne Woche dort auf dem Bauernhof und im Wiener Yachtclub verlebt. Und dazu bedurfte es starker Nerven, die vor allen Dingen du hattest.
Wir waren auch des Öfteren Dickschiffsegeln auf der Ostsee und anderswo. Du warst der anerkannte Smutje, der es manchmal schaffte in einer Woche nicht ins Ölzeug zu steigen. Wir ließen es uns gut gehen. Sturm, gutes Segeln, ferne Welten, gutes Essen mit Knobi, guter Tropfen, was will man mehr, auch das gehört zum Leben.
Du hast dann Aktivitäten entwickelt, um bei dem Finn-WM-Master teilzunehmen, La Rochelle, Gardasee und andere Reviere. Du hast viele in diesen Bann gezogen. Das Resultat war, dass in Güstrow erneut eine Finn Regatta ins Leben gerufen wurde. Dein Verdienst.
Du warst auch ein guter Skatspieler und Initiator des Vereinspreisskats. Dein Verdienst. Wenn du beim Skaten oder Schlusen einen besonderen Coup landen konntest, hast du mit allen Körperteilen gelächelt, kurzum es hat mit dir Spaß gemacht „einen anzufassen“.
Und dann hast du letztlich die „Tour de Inselsee“ ins Leben gerufen. Dein Verdienst.
Gegessen hast du auch gerne und den ganzen Verein mit deinen Gartenprodukten und Pflanzen versorgt. Die Rettiche aus deinem Garten, von dir am Tresen bei Helmut geschält, gesalzen und gemeinsam verzehrt waren Spitze.
Auf dem Vereinsgelände den Rasen pflegen, die Hecke schneiden, die Pegelstände ablesen waren dein Ding.
Wenn dir etwas zu bunt wurde dann kam ein: „Halt deinen Sappel…!“ Da gab es dann keinen Widerspruch.
Als Ex-Raucher wurdest du zum militanten Nichtraucher und hast vor dem Rauchverbot dafür gesorgt, dass im Seglerheim nicht mehr geraucht wurde.
Wir haben natürlich gemeinsam auch so machen Becher geleert. Auch das gehört zum Leben. De ein kann damit üm, de anner nich… Leider!
Dann kam aber die Zeit wo dich immer weiter zurückgezogen hast, wir konnten dich nicht mehr so richtig aufschließen. Du hast zwar „deine“ Veranstaltungen noch unterstützt wo du konntest, aber hast selbst nicht mehr an den Dingen teilgenommen, die du selbst initiiert hattest. Leider war es so, aber du warst wenigstens präsent und es wurde dir auch geholfen, wenn du für uns merkbar gesundheitliche Probleme hattest.
Ja, es gab Probleme, die konnten wir dir nicht abnehmen, die wolltest du alleine mit dir abmachen.
Du fehlst jetzt am Morgen so gegen 11:00 und am Nachmittag gegen 17:00 Uhr, das waren die Zeiten für deine Besuche im Verein. Du hast nicht mehr viel geredet. Aber du warst wenigstens anwesend.
Thürmer wir danken Dir für das, was du hier in unserem Verein initiiert hast, wir danken dir für die gemeinsamen schönen Stunden und es sollte für uns alle eine Verpflichtung sein, das aufrecht zu erhalten und zu gegebener Zeit den Stafettenstab weiterzureichen.
Du hältst jetzt für immer deinen Sappel. Wir werden weiter die Erinnerungen an dich beim „Sappeln“ austauschen.
Für deine letzte große Reise wünschen dir alle deine Vereinskameraden in Dankbarkeit
Gooden Wind!!!
Carsten Jansen