Lieber Martin,
nun bist Du von uns gegangen, ohne Dich zu verabschieden. Aber so ist das wohl; diese schreckliche Krankheit hat an Dir gezehrt und Du hast daran nicht allzu viele teilhaben lassen. Gut so, schlecht so … ich weiß es nicht. Jedenfalls tauchen in diesem Moment Erinnerungen an viele schöne gelebte Jahre auf, die einem keiner nehmen kann und die Du auf jeden Fall mitgenommen hast. Noch vor wenigen Wochen haben wir in Deinem Grafikbüro Deinen 70. Geburtstag gefeiert, in der Hoffnung, dass Du noch lange gegen die Krankheit ankämpfen kannst. Es hat nicht sollen sein.

Weißt Du noch, wie Du an den See gekommen bist, Dein Freund Dietrich Rist („Titus“) hat Dich beim Segeln eingeführt. Mit „Titus“ warst Du ein Team beim Aufzugsbau der PGH Metall Güstrow. Auch damit lassen sich viele Erlebnisse verknüpfen. Du warst schon aus dem jugendlichen Alter raus. Wir beide studierten, Du im Fernstudium in Roßwein, ich im Direktstudium an der Uni Rostock. Damals gab es in der Klasse Pirat die Studentenmeisterschaften der DDR. Und so beschlossen wir, diese wahrzunehmen. Aber Du warst sehr „unbeleckt“ in Sachen Segeln. Also trainierten wir wie die kaputten bei stinkender Flaute auf dem See: Spinnacker hoch, Spinnacker runter, Schifte, Halse, Fock dicht, Fock mit Gefühl usw. Resultat: Wir wurden von 30 teilnehmenden Mannschaften ziemlich souverän Studentenmeister der DDR im Jahr 1973 auf der Greifswalder Bucht. Du hast mir später gesagt, Du hättest beim Training gedacht: So ein Käse. Als wir dann Meister waren, hättest Du dann gewusst, warum, wie Du mir sagtest. Wir hatten beide damit wohl unseren größten sportlichen Erfolg bis dahin gelandet. Du auf Anhieb, ich mit langem Anlauf.

Von dort haben wir auch das Bockwurst- oder Knackerkochen in 15 Sekunden mitgebracht. Zwei Krokodilsklemmen an  zwei Gabeln mit  zwei Leitungen verbunden und Stecker in Steckdose. Gabeln in die Wurstenden eingesteckt und die Wurst war im Nu „aufgeziegelt“. Das haben wir dann jahrelang im Seglerheim zelebriert. Du warst ja auch im Grundberuf Elektriker – also ‚No Problem‘.

Später hast Du dann mit „Schebi“ (Klaus Schebeko) noch jahrelang Pirat gesegelt, bis andere berufliche Herausforderungen das etwas eingrenzten. Auch im Fußball warst Du begabt. So warst Du zum Beispiel in der Mannschaft, die den legendären 3:2 -Sieg über Traktor Bölkow in Mühl-Rosin erkämpfte …(siehe Bild im Seglerheim). Heute spielt Traktor unter dem Namen Bölkower SV immerhin in der Landesliga Nord.

Du warst stets ein streitbarer kreativer Geist. Nicht in Allem gingen wir konform, aber das hätte uns wahrscheinlich auch nicht vorwärts gebracht. So haben wir dann so manches Mal in der Sache gestritten, um die besten Lösungswege zu finden. Das war gut so und auch dafür ein herzliches Danke!

Du hast unwahrscheinlich viel in Sachen Marketing für den Verein in Form der Gestaltung von Urkunden, Logos, Beschriftungen, Flaggen, Anstecker usw. beigetragen. Insbesondere Deine Urkunden sind über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt geworden, hatten sie doch Inhalte und Witz. Man merkte ihnen die Liebe zur Gestaltung an. Auch die Siegerehrungen bei den großen offenen Regatten, insbesondere zum „Silbernen Beil“, waren legendär. Wenn ich an die Geige für „Harpo“ denke, das Schwein für „Biber“, die Gulaschkanone oder den Trabbi für „Kalle“ Wildt. Das waren echte Zeichen, Anreize und Maßstäbe für andere. Auch die Theke auf dem See war ein Highlight, von dem noch heute oft gesprochen wird.

Ein Highlight waren auch die Aufkleber anlässlich des 50. Geburtstages des Piraten 1988. Dass wir dafür in der DDR eine Druckgenehmigung bekommen haben, grenzt noch heute an ein Wunder.

Aber auch Fische und Flusskrebse hatten es Dir lukullisch angetan. Wir haben oft geräucherte Fische und Aale aus dem See gegessen, Krebse gepult – in der Gemeinschaft. Wie oft durfte ich Pottkieker im späteren Bootshaus spielen, dazu ein kleiner Whisky und schon waren wir beim Pläne schmieden.

Bootshaus: Irgendwann stand das Fränkel`sche Haus zum Verkauf für 25.000 DDR-Mark. Es wurde innerhalb des Vereins  angeboten. Für uns alle eine utopische Summe, aber Deine Eltern waren zu Ostzeiten selbständige Unternehmer, also hast Du diese mit ins Boot geholt und das Vorhaben umgesetzt. Dort hast Du dann viele schöne Jahre verbracht. In diese Zeit fiel dann auch die Geburt von Henning; Julia war schon etwas eher geboren worden. Das haben wir ordentlich gefeiert, denn ein Wolf muss einen Wolf haben, damit das Rudel fortleben kann …

Henning wurde dann auch Segler, übernahm irgendwann nach der Wende die Fernsehstudioambitionen von Dir und musste damit dem Segeln etwas Tribut zollen. Aber dafür wird die Homepage des Vereins von ihm gestaltet.

Dann kam die Wende und wir alle standen vor vielfältigen neuen Herausforderungen, die man mehr oder weniger gut meisterte. Dir ging es genauso. Aber die Möglichkeiten veränderten sich auch und so hast Du schließlich Dein eigenes Grafikbüro und Fernsehstudio gehabt, von dem wir dann alle und insbesondere als Verein profitierten.

Trotz der beruflichen Umorientierung hast Du im Jahre 1994 tatkräftig die Sanierung des Klubhauses mit kilometerlangem Strippen ziehen unterstützt. Ja, wir waren in Tat eine starke Gemeinschaft, aus der Du nun ausscheiden musstest. Du hättest sicherlich auch den Bau des Jugendhauses mit vorangetrieben, aber es ging einfach nicht mehr. So hast Du dann aus dem Hintergrund weiterhin die Urkunden gestaltet oder auch unser gesamtes modernes Regattaequipment mitentwickelt. Mit diesem sind wir positiv aufgefallen und richten jetzt schon seit 2012 Warnemünder Wochen und in diesem Jahr auch zwei Deutsche Meisterschaften (mit) aus. Du bist also immer irgendwie dabei!

Für meinen Vater, der 23 Jahre lang unserem Verein vorsaß, hast Du zu einem seiner runden Geburtstage ein sehr schönes treffendes Gedicht geschrieben; auf einer Seekarte verfasst. Dafür noch immer ein herzlicher Dank unserer gesamten Familie!

Im nächsten Jahr segeln wir zum 60. Mal die Regatta um das „Silbernes Beil“. Sie gehört zu beleibtesten Regatten in Deutschlands, auch daran hast Du einen erheblichen Anteil. Zum 50. Silbernen Beil 2006 hast Du aus eigenem Antrieb ein Booklet entwickelt – einfach toll! Wer macht das jetzt? Schick uns doch bitte einen Engel mit Deinen Ideen!

Wir haben viele schöne Feste auch getragen durch Deine Ideen gefeiert und Zeichen gesetzt. Das ist unvergessen. Nun bist Du nicht mehr präsent. Du wirst uns fehlen, aber dabei sein wirst Du auch weiterhin!

Für Deine letzte große Langfahrt, die wir alle irgendwann mal antreten müssen, wünschen Dir Deine Vereinskameraden und auch ich persönlich Goode Wind!

Carsten
Wassersport-Verein-Güstrow 1928 e.V.
Güstrow, September 2015