von Carsten Jansen

Warnemünde ist schon etwas Besonderes, was das Seglerische betrifft. Abgesehen von dem Urlaubertrubel, und satten Preisen, ist für den Regattasegler das traumhafte Segelrevier mit kurzen Anmarschwegen und durchweg guten Bedingungen das Entscheidende.

Wir waren in diesem Jahr wieder eingeladen worden, drei Bootsklassen als Wettfahrtteam zu betreuen. Es waren dies die 505er, die 470er und die 2.4 mR. Die Vorbereitungen für die Zusammenstellung des Teams begann bereits ein dreiviertel Jahr vorher. Denn auch die Urlaubsplanungen der Nichtrentner müssen in der Planung Berücksichtigung finden. Und so ist man dann jedes Mal froh, wenn man oder frau (wegen des Genderns) Leute findet, die den Knochenjob aus Liebe für den Segelsport machen. In der Vorbereitung ist schon zu merken, dass selbige zu einer aussterbenden Spezies gehören.

Daneben agiert Jörn-Christoph in der Internationalen Jury schon seit 2008 und seit 2016 als Obmann der Internationalen Jury mit aktuell 16 Jurymitgliedern aus 10 Nationen. Ein über das Jahr in der Vorbereitung sehr zeitintensiver Job. Dazu gehört auch die Mitarbeit im Org.-komitee, die rechtliche Beratung und die Kontrolle der Ausschreibung und der Sailing Instructions (SI, SA).

Im Vorfeld waren die Meldezahlen äußerst gering, was dazu führte, dass die 2.4 er mit neun Meldungen abgesagt wurden und die 505er und 470er mit je 10 Meldungen im ersten Teil der Warnemünder Woche auf einem Kurs zusammen starteten. Ökonomisch gerade noch vertretbar. Wir waren in der Wettfahrtleitung (Race Comitee) auf dem Startschiff (Signal) mit meiner Person als WFL, Susanne als Schreiber, Jan als Scorer und Isa als Schreiber auf dem Zielschiff (Finish) vertreten. Auf dem Startschiff waren weiterhin Andre Schmidt (Sternberg-stellv. WFL), Claas Krüger (Sternberg – Signalhorn), Steffen Priebe (Berlin) als Signalgast und Ralf (Berlin) als Skipper. Dazu kamen in den MB Mark One Peter Kruse und Alexander (Bad Saarow), Mark Gate Andreas und Marko und im Pin-End Peter und Thomas Karstens (Hannover). Auf dem Zielschiff waren weiterhin Christoph (Berlin) und der Skipper Olaf (Warnemünde) im Einsatz. Tobias und Holger habe ich abgesagt, da die 2.4mR abgesagt wurden und nach dem anfänglichen Bedarf als MB -Fahrer auf anderen Kursen am Mittwoch die anderen WFL keinen Bedarf signalisierten. Am Abend dann doch. Rin und rut, ich hoffe, dass wir flexibel bleiben, denn es war ein gewisser Unmut zu spüren. Im Bierwagen und als Verpflegungsbeutelausrüster waren weiterhin im Einsatz Isa (Commodore), Susanne, Monika, Jan, Andre, Tobias und Gerhard. Summasumarum waren wir also auf dem Kurs 8 WVG-Mitglieder und 8 Mitglieder aus anderen Vereinen. Auch im Bierwagen haben wir zusätzlich Unterstützung von anderen bekommen.

In der Woche vor der Warnemünder Woche ging es, wie immer, mit den intensiven Vorbereitungen los. Da erlebt man dann so manche Überraschung. Das Equipment zusammenstellen und verpacken. In meinen Kastenanhänger verladen und Andre aus Sternberg hat ihn dann über den Umweg Güstrow abgeholt. Ich selbst habe den Queck, der auch als Materialanhänger dient, gezogen. Zugmaschinen in Güstrow ließen sich nicht finden.

Freitag, 30. Juni 2023
Bis zum Abend reisten die meisten der Crew an und bezogen ihre Quartiere in Warnemünde in Ferienwohnungen, da die Sportschule planmäßig noch nicht fertig ist. Dann Motorbootübergabe, Ausrüstungsübergabe (Klassenflaggen, Bahnmarken, Ankergeschirr u.a.m.), dann Ausrüstung des Startschiffes, was bekanntlich immer etwas dauert, da es an das jeweilige Startschiff (Signalboot ) angepasst werden muss. Ralf unser Skipper aus Berlin vom Jörsfelder Segelclub hat eine Elan 40, die dann für 4 Tage unser Domizil war. Ein toller Skipper, wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Crewmeeting, Funktionsverteilung, Abendbrot und Heia. Das Bier schmeckt nicht so richtig, da Preis von 5 EUR pro Flasche ohne Glas, nicht einmal für Hefeweizen, etwas überzogen ist. Das schreckt sowohl Helfer als auch Aktive ab!

Sonnabend früh Lage, das ist die Besprechung der WFL (Wettfahrtleiter) mit dem PRO (Principal Race Officer). Polizei, Wasserwacht, Presse, Org.-leiter, Einsatzleiter MB, dazugeschaltet wird der Deutsche Wetterdienst aus Hamburg). Erster Tag, Begrüßung, immer mehr Dänen übernehmen Funktionen in der Warnemünder Woche. Sie sollen ja etwas vom Segeln und der Organisation verstehen. Wetterbericht verheißt Guten Wind, aber nicht für alle… Wir also raus mit leckeren Verpflegungsbeuteln. Dafür müssen unseren Damen Susi und Monika immer schon um 05:00 Uhr raus. Dann etwas Freizeit und dann um 14:00 Uhr bis 21.00 Uhr Bierwagen.

Sonnabend, 1. Juli 2023
1.Wettfahrt: 14:00 Uhr 1. Ankündigung für die 505er. Kurs L 2 (Up and Down) Wind aus 240°, Grundwind 14 kn in Böen auch mal 24. Die Kisten sind sehr schnell, Zeitlimit halten alle ein, aber es gibt in beiden Klassen schon Ausfälle. Kurs nach 31 min abgesegelt, zu kurz. 470er als 2. Startgruppe unter O, da ab 10 kn auf allen Kursen für diese Klasse die Regel 42 ausgesetzt ist.

Wettfahrt 2. Wir segeln L 3, Wind 240 Grad, Grundwind 17-18 kn, Böen 24 manchmal etwas mehr. 505er segeln jetzt 51 min, Erster (Sollzeit 50 min) – perfekt! 470 etwas länger, Feld dünnt sich doch sehr aus, viele Kenterungen in beiden Bootsklassen – im Ziel begrüßen wir sieben 505er und nur noch zwei 470er. Lt. Ausschreibung sind die 470er für diesen Tag durch. Die 505er fahren noch die dritte Wettfahrt.
Wettfahrt 3. 505er 6 Starter, Kurs L 3, Wind 240 Grad, 17-19 kn, Böen bis 24 und etwas mehr. 4 Boote gehen noch durchs Ziel. Es gibt in beiden Bootsklassen gewaltige Unterschied zwischen den ersten und den letzten. Insbesondere im 470er sitzen, wie wir in Gesprächen mit ihnen erfuhren, viele Umsteiger, Neueinsteiger und dafür sind die Bedingungen nicht optimal. Die Segler konnten nach diesem ersten Tag alle sehr gut schlafen, wie sie mir berichteten. Die WFL- Crew auch! Aber davor lag noch der Klassenabend der beiden Klassen im Lokschuppen. Schnacken, Kontakte knüpfen usw. Er dauerte nicht lange, alle wollen schlafen, Bier zu teuer.

Sonntag, 2. Juli 2023
07:00 Uhr Lage, da Windfenster von 9:00 Uhr bis 11:00 sich auftun soll, was zu nutzen ist. Wind 22 kn ansteigend, in Böen 28 und größer. Welle hochgehend auf einen Meter. Beschluss, 505er, 470er und ILCA 4 bleiben an Land , denn auf Bahn Charlie, ist noch mehr. ILCA 6 und 7 gehen raus Start 9:00 Uhr, Teamrace Optimisten vor Hohe Düne. Alle Sicherungsboote incl. aller MB aller Bahnen, gehen mit auf Bahn Bravo. Es ist heftig, Bahnmarken und Boote kommen schwer fest. Ankerleinen mit 60 bis 80 Meter plus Reitgewichte. Es gibt leider auch Verletzungen beim Ankeraufholen. Ein Teil unserer Crew geht auf die Bundeswehrboote. Ich darf mit dem PRO, einem dänischen WFL auf das große Jetstream getriebene Boot (760 PS, 44 kn) der BW. Wir werden mehrfach geduscht. Die IlCAS stehen ihre Frau und ihren Mann. Eine Wettfahrt gelingt. An Land sehe ich viele leuchtende Segleraugen. Uff, das haben wir geschafft. Wir können auch bei Starkwind segeln…. war da zu lesen. Hannah Anderssohn, die spätere Gesamtsiegerin, gewinnt diese Wettfahrt mit 5 Min Vorsprung vor dem Zweiten! Hut ab, starke Leistung. Start Rund Bornholm wird auf Grund der zu erwartenden Wetterbedingungen um 24 Stunden verschoben. Wir liegen mit unserem Startschiff auf Legerwall und sichern dieses mit Fendern und Fenderbrettern. Sollte gehen. Tag geht zu Ende mit teilweise heftigen Regenböen mit Windspitzen um 41 kn. Teamrace für Optis wurde dann doch abgesagt. Zu viel Wind! Siegerehrung der 505er um 15:00 Uhr im Lokschuppen. Leider nur 3 Wettfahrten. Alles gut vorbereitet, wir werden von der Klasse gelobt. Ich erkläre unseren Fauxpas der ersten Wettfahrt. Kommt gut an. Auch die DSV-Präsidentin Mona Küppers ist präsent. Wir wechseln einige tiefgründige Worte, nicht glaubhaft, aber es war so.

Montag, 3. Juli 2023
08:00 Uhr Lage, gleiche Situation wie am Sonntag. ILCA 6 und 7 gehen raus. Alle MB dito. Ich bleibe an Land, weil großes BW-MB als Startschiff fungiert, da Skipper des ursprünglichen Startschiffes durch Verletzung beim Ankeraufholen verletzt wurde. Anker wurde übrigens durch Bolzenschneider vom Signalboot getrennt und mit Wiederfindungsboje versehen, wird bei ruhigem Wetter gehoben evtl. auch mit Taucherunterstützung. Der Anker wurde in den folgenden Wettfahrten, da er fest war immer wieder für das Signalboot genutzt. Das an Land bleiben beschert uns eine Führung durch den Rohbau der Sportschule in allen Bereichen durch den Direktor der Sportschule höchstselbst. Sehr interessant und informativ. Vom Feinsten und zweckmäßig. Fertigstellung ist zum 31.12.2023 geplant. Na ja… Danach aufs Schiff, ein wenig Basteln, Ankerhalterung mit Hahnepot versehen, Schiff liegt dann ruhiger. Hohe Düne – Besuch, Totentanz seit Tagen, keine Segler, Bier zu teuer. Zurück ins Quartier. Ab in die Haia. Die frische Luft und die Seebewegungen sind offensichtlich gut fürs Schlafen.

Dienstag, 4. Juli 2023
08:00 Uhr Lage, Bedingungen die Gleichen wie am Vortag. Wind soll ab 12:00 Uhr abflauen, nachmittags Gewitterzellen. Es gab Pläne, dass wir die ILCA 4 auf Hohe Düne übernehmen sollten, evtl. mit 470ern. ILCA 6 und 7 vor Warnemünde dicht am Strand, um dem hohen Wellengang und den Querseen aus dem Weg zu gehen. Die wurden dann verworfen, wegen der Teilung der Sicherungsboote. Dann alle ILCAs vor Hohe Düne . 470er Startverschiebung auf 12:00 Uhr. Keine Genehmigung von Warnemünde Traffic für ILCAs vor Hohe Düne, zu viele Boote queren den Seekanal. Es gab nämlich am Montag ein Idiotisches Vorkommnis im Seekanal, dass sogar die Fähre aufstoppen musste. Unsere MB-Fahrer waren im Positiven involviert. Wir legen um 10:40 Uhr ab. Zu früh, denn wir dümpeln eine Stunde auf der Bahn. Können keine Ankerung vornehmen, da Bahnmarken auf dem Vorschiff. Wir übergeben an Mark One eine Marke. Später übernehmen sie beide Gate-BM. Wind 17-19 kn in Böen 25, See 1 m Wind aus 230°. Jetzt übernimmt Pin-End die Torbahnmarken, da MB Gate nicht in Sicht, damit BM 1 ausgelegt werden kann. In 5 min soll Orange hochgehen , ok, da ist immer noch Zeit, Markboot in Sicht, ist hoffentlich unser. Ja, ist es- in Windeseile Gate gelegt. Mark 1 liegt, Orange geht hoch, vier 470er trauen sich. Aufwand und Nutzen stehen in keinem Verhältnis. Start geht durch. Lage gibt Gewitterwarnung durch, gegen 15:00 Uhr. Ok, da sind wir lange durch. In Nordwest sieht es nicht gut aus, Lage ruft an: Abbruch – Gewitterzelle aus dem Nichts kommt auf uns zu, Da Boote die BM 1 passiert haben, machen wir am Gate Ziel, denn sie müssen eh diesen Weg nach Hause wählen. Alle sind durch, AP über H, Alle BM einsammeln, Anker hoch. Es frischt auf, Gewitter über uns 470er bereits hinter den Molenköpfen. Unsere MB sind Sicherung gefahren. Wir werden nass, Hauptteil des Gewitters rauscht nördlich an uns vorbei über die gerade gestarteten Bornholmer, Minibornholmer hinweg. Wir kommen in den Hafen, legen an, bauen Fenderbretter wieder an. Riggen alles ab. Etwas turbulent, Team wird kleiner. Es ist schon komisch beim Auf- und Abbau fehlen immer welche. Unsere Nicht WVG-Mitglieder sprechen uns an, wo ist der Rest des Teams….Die müssen schnell nach Hause wegen der Arbeit uns so. Natürlich – das geht immer vor. Ich schiebe den Anhänger alleine zum Kran, Utensilien einladen, verzurren. Da ich nicht präsent war beim Einpacken und zur Siegerehrung abberufen wurde, brauche ich bestimmt einige Stunden, um alles wieder aufzuklaren und zuzuordnen. Siegerehrung, ich packe mein englisch aus und radebreche mir etwas zurecht. Klappt. Die, die draußen waren, aber auch die, die nur zwei Wettfahrten absolvieren konnten, sind Happy und bedanken sich bei uns für den getätigten Aufwand. Ja, es war in der Welle überlagert mit Querseen eine ziemlich schaukelige Angelegenheit. Da wurde auch mir schlecht, ich blieb aber arbeitsfähig. Draußen hat alles geklappt. Danke an das gesamte Team, am kompletten Teamgeist muss noch gearbeitet werden. Den Anhänger hat dann wieder Andre` aus Sternberg nach Güstrow gefahren. Tobi und Alex wurden in andere WFL oder Race Comites integriert, Jan hat sich zum Bierschankwirt qualifiziert. Es werden viele Hände gebraucht, noch sind wir dabei, so sollte es bleiben.

Fazit:
Es war wieder mal eine anstrengende aber schöne Woche. Die große Familie steht, Segler sind leider zu wenige, da muss man was machen. Hohe Preise (Startgelder, Campingplatz, Parkgebühren u.a.m. sind wohl die Gründe. Aber hier können wir nur unsere Bereitschaft zeigen und unterstützen. Ich meine, dass hier das Land und die Stadt absolute Verpflichtungen haben, das größte Sportevent in MV zu unterstützen. Für die Zukunft muss sich auch unser Verein erklären: Wie weiter? Es gibt zwar einen Beschluss, dass wir die Warnemünder Woche unterstützen wollen, aber dazu gehören mehr aktive Unterstützer. Ich werde als WFL noch ein oder zwei Jahre zur Verfügung stehen, dann muss ein Nachfolger her. Ich bin jetzt auf Fremdsuche. In einem Verein mit ca. 130 erwachsenen Mitglieder müssen sich mehr als acht Personen finden, die sich qualifizieren wollen und sich diesem positiven Stress und damit der Unterstützung des Segelsports stellen. Denn hier kann man täglich lernen, nützliche Erfahrungen sammeln, Freunde finden, Netzwerke bilden und alles für unseren schönen Sport geben! Wer also nachhaltiges Interesse hat sollte sich bei mir melden. Falls es mir gelingt, einen Fremdwettfahrtleiter zu finden, wird der sicherlich auch seine Leute einbauen wollen, verständlich. Denn sonst hält wahrscheinlich nur noch Jörn-Christoph die WVG -Farben hoch, oder auch nicht.

Goode Wind!