von Carsten Jansen

Die Kieler Woche fand für die Kutter ZK 10 vom 17. bis 19. Juni 2023 auf der Kieler Förde statt. Die „Teamwork“ hatte sich entschlossen nach mehrjähriger Abstinenz (bedingt durch Corona und anderer Sicherheitsmaßnahmen) in diesem Jahr wieder an dieser Traditionsveranstaltung teilzunehmen. Leider fand parallel zur Kieler Woche die Kutterregatta in Boltenhagen satt, Absicht oder versehentliche Terminüberschneidung? Wir und andere fanden das nicht so toll. Aber da die Regatta in Kiel vom Ablauf her umgestrickt wurde, mit Olympischen Kursen und einer Langstreckenregatta in der Kieler Förde bis nach Schilksee hatte das unser Interesse geweckt. Außerdem zollen wir den Organisatoren Respekt, auch wenn man manchmal nicht mit allen Dingen einverstanden ist, da wir selbst Regatten organisieren und das Niveau ganz einfach ein anderes sein muss und auch sein könnte. So trafen dann die Besatzungsmitglieder der „Teamwork“ aus den südlichen und östlichen Himmelsrichtungen nach und nach in Kiel ein. Hansi und Frau hatten den Kutter im Schlepp, Carsten folgte. Diese drei meisterten dann die verschärften Kontrollen am Kontrolldurchlass und luden den Kutter ab, mit helfenden Händen der Marine. Wir vertäuten den Kutter östlich am Schwimmponton der Marinebase und machten dann erst mal Quartier. Danach organisierten wir die erforderlichen Sicherheitsidentifikationen. Ja, man merkt schon, dass Europa sich verändert hat. Am Zeltplatz angekommen stellten wir fest, dass der Wohlstand in Deutschland trotz vieler Krisen oder wegen derselben weiter zugenommen hat. In den Jahren davor besetzten wir neben dem Zeltplatz eine Parkreihe, heute zwei, denn auch die Marinekutterbesatzungen kommen zunehmend mit Wohnmobilen und Campinganhängern. So war es gut, dass wir unsere Stellplätze reservieren konnten. Bei der Dokumentenausgabe wunderten sich die Verantwortlichen im Raceoffice, dass wir acht Parkkarten benötigten. Ja wir reisen alle aus verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten an. Für jeden ist das Wohnmobil gleichzeitig Quartier. Ob das in der Zukunft, auch auf Grund steigende Kosten, noch so möglich sein wird? Wir hatten ein wenig Stress, weil unsere Meldung nicht vorlag aber das Startgeld bezahlt worden war. Später klärte sich alles auf, Fehler im System. Wahrscheinlich waren die Trolle am Werk…

Bis auf Walter, der wie bekannt die Teterow‘schen am Sonnabend noch mit Brötchen und Nonnefötzchen beliefern muss, trafen alle anderen bis ca. 19:00 Uhr ein. Zwischenzeitlich hatten wir den Kutter aufgeriggt, den obligatorischen Ankommer zu uns genommen und den Grill angeworfen Wir wurden, wie gewohnt von Gutschi begrillt (mit neuem Komfortgrill – wie waren also die Versuchskaninchen …gerne natürlich, der dieses Mal Fleisch der Extraklasse ausgewählt hatte (o..o.. was machen wir mit mir dem CO2-Abdruck). Es war vom Feinsten, es schmeckte vorzüglich. Nebenbei verfolgten wir die Niederlage Deutschlands gegen Polen, aber nur auf dem Handy und eigentlich auch fast schon interessenlos. Die Fans des runden Leders werden scheinbar weniger. Nach dem Essen noch ein Absacker und ab die Heia, denn um 06:00 Uhr war Aufstehen angesagt.

Sonnabend 17. Juni 2023
06:00 Uhr aufstehen, frisch machen. AB ins Mannschaftsheim Frühstück fassen, danach auftakeln. Sind fast fertig, stellen fest das sind die „alten“ Segel. Umtakeln ja -nein-ja, wir haben ja Zeit genug. Machen wir, sozusagen Extra-geher-runde. Ich störe eine Gruppe Soldaten beim Morgenapell. „Gestatten vorbei gehen zu dürfen“, – „Ja selbstverständlich!“ Meine Segel, die ich zum Quartier tragen muss, machen es möglich. Wie gut, dass ich bei der Armee war und dort offensichtlich doch etwas gelernt habe. Beim Hoch und Runtergehen vom Hafen zum Zeltplatz hier ein Schnack dort ein Schnack ein wenig fachsimpeln, frohes neues Jahr usw. Man kennt sich und freut sich, gegeneinander zu regattieren. Ja in Kiel auf der Marinebasis hat man das Gefühl, zum Kilometermachen und Grüßen gekommen zu sein. Die Armisten grüßen tatsächlich alle. Höflich zuvorkommend, „Können wir helfen?“ Angenehm. Das Gehen ist aber keinem aus der Crew abträglich. Zur Crew gehören dieses Mal: Hansi aus Laage am Quirl, Lupo aus Cottbus am Besan und Taktik, Carsten aus Güstrow am Groß und Taktik, Guido aus Berlin (Geburtshafen Teterow) am Groß und Spi, Walter aus Teterow an der Genua, Tütel aus Teterow an der Genua und Spi, Gutschi aus Teterow im Vorschiff und Spi. Sieben Mann Besatzung und leider auch nur sieben Konkurrenten. „No. 7“ aus Rangsdorf und unser altes Schiff die „Nautilus“ sollten die härtesten Konkurrenten werden. Um 11:00 Uhr Eröffnung uns Steuermannsbesprechung im Hafen auf dem Basisponton. 10 Mal besser als im Kinosaal, der, welch ein Glück, besetzt war, durch militärische Übungen.

Kurs so wie alle Jahre, nur die Marinekutter und ZK 10 segelten auf der gleichen Bahn, Startfenster 5 Minuten Unterschied, Sonntag sollte dann die Langstrecke gefahren werden. Ansonsten täglich 2 bis 3 Wettfahrten.

  1. Wettfahrt:
    14:Uhr erster Start, Wind 2 – 3 NO
    Kurs 1: Start – 1 – 1a – 2 – 3 – 1 – 1a – 3 – 1 – 1a – 2 – 3 – Ziel

Wir starten nicht schlecht, aber „Nautilus“ startet besser und fährt einen Start – Ziel Sieg ein wobei sich der Vorsprung uns gegenüber wird ständig etwas vergrößert. Die Kurse sind, dafür ist Kiel bekannt, sehr kurz, zu kurz, Startfehler werden im Revier vor dem Tirpitzhafen gnadenlos bestraft. Wir segeln aufmerksam und halten die „No. 7“ auf Abstand. Ein Angriff nach vorne zwecklos, absichern ist angesagt.

  1. Wettfahrt
    im Anschluss, Wind 2 – 3 NO etwas auffrischend
    Kurs 2: Start – 1 – 1a – 2 – 3 – 1 – 1a – 3 – Ziel

Verdammt kurz. Aus unserer Sicht nutzt der WFL nicht die geringen Möglichkeiten, die er hat, bis zum Letzten aus. Solche Kurse können wir selbst in Teterow oder Güstrow fahren, aber auch dort gelingt es, sie größer auszulegen. Wir starten dieses Mal gut, aber „No.7“ zieht uns in lee raus. Sie gehen mit Vorsprung um die BM 1. Wir laufen auf, beim 2.Raumgang ziehen wir in lee mit besserem achterlichem Wind rein, plötzlich kommt der Wind sehr spitz, unsere Manöver klappen besser und wir laufen in lee vorbei. Da hatten wir wohl mal das Glücksschwein angefasst. Wir gewinnen, „No.7“ wird zweiter, „Nautilus“ dritter. Kommt uns entgegen. Keine weitere Wettfahrt mehr – Tag eins, Platz ein, wir sind zufrieden. Gegen 16:30 Uhr im Hafen an der Pier. Unsere Schlachtenbummler Katja und Monsche sind eingetroffen. Boot abtakeln und hafenfein machen, gut vertäuen, abfendern, dem Schwell der Schiffe im Hafenbecken müssen wir begegnen.

Es sind im Übrigen 14 Nationen mit militärischem Gerät und 4000 Marinesoldaten im Hafen, soviel wie noch nie. Tag der offenen Tür, alles unter erhöhten Sicherheitsabläufen, von denen wir aber nicht viel merken. Ab zu unserer Basis. Ankommer, Walters leckere Nonnefötzchen fassen, abhängen, Grill an (Gutschiman ist wieder der Grillmeister) , Besucher empfangen, Essen will keiner von Ihnen, aber sie nehmen alle gerne einen Rum oder auch zwei oder auch mehr. Da bleibt für uns nicht viel, aber teilen macht bekanntlich Spaß, und nichts teilt sich leichter als nichts. Wieder früh in die Koje, Gegen 22:30 Uhr, denn morgen schon um 09:00 Uhr erster Start zur Langstrecke.

Sonntag 18.Juni 2023
06:00 raus, gleiches Procedere, Frühstückskosten sind etwas höher als in Vorjahren, war zu erwarten.
Runter zur Basis – kein Wind – Startverschiebung bis 13:00 Uhr. Abhängen, Snack fassen, wieder zum Basisponton. Die Hubschrauberübungen machen uns kirre. Kein Wind trotzdem raus. Winde drehend um Null bis Pub. Kurs liegt schon.
3. Start tatsächlich um 13:00 Uhr, das hätten wir nicht erwartet. Wind aus W, drehend zum Start etwas mehr aber keine 4 Kn. Kurs 2, der kurze, …… ich meine den Kurs du Depp.

Wir kommen gut in Gange . Aber „Nautilus“ nutzt irgendwo den nicht vorhandenen Wind und segelt an uns vorbei, es sind keine großen Abstände . „No.7“ bleibt nach der 1. Runde an der BM 1 hängen. Wir laufen auf „Nautilus“ auf. Auf dem 2. Raumgang laufen wir auf, überlaufen die „Nautilus“ und erreichen die Innenposition. Sehr gut, denn es geht noch einmal zur BM 3 und d dann eine kurze Zielkreuz. Wir ersegeln Platz 1, „Nautilus“ wird zweiter, „No.7“ dritter. Die Hubschrauber nerven, wir denken an unsere Fastkenterung vor einigen Jahren.

  1. Start
    unmittelbar nachdem alle Kutter im Ziel sind. Kurs 2, Wind W 2 bis 3, manchmal in Böen auffrischend.

Wir kommen sauber raus. „No. 7“ ist uns auf den Fersen. Mal ist der Abstand größer, mal geringer. Als wir auf die Zielkreuz gehen, sehen wir, dass die Riesenstartlinie noch ausgelegt ist. D.h., wir müssen aufpassen, das „No. 7“ nicht kippt und dass das noch ein Harakiri – Rennen wird. Aber dann wird die Leebegrenzung der Ziellinie versetzt. Eigentlich unzulässig, kommt uns aber entgegen. Wir fahren wieder auf Platz 1. „No. 7“ wird zweiter, „Nautilus“ dritter. Als wir ins Ziel gehen wird die 5. Wettfahrt angesagt. Ist ok, Wind ist akzeptabel, der Tag ist noch jung.

  1. Start
    Kurs 2, Wind wie gehabt, aber etwas frischer.

Wir kommen gut vom Start weg, aber „No.7“ zieht uns in lee voraus raus und weg. Wir konzentrieren uns auf „Nautilus“, die auch nicht weit weg sind. Wir werden zweiter hinter „No.7“, „Nautilus“ Dritter. Ganz wichtig, denn „Nautilus“ war unser erster Verfolger.

Ab in den Hafen. Anlegen, Abfendern, Vertäuen, Segelabschlagen, Abdecken. Dann wird von unserem größten Fan Katja, Anlegerbier in der „Arche“ (neuer Name der Gaststätte im O-Heim) angekündigt. Wir genießen das Halbliterglas Radeberger. Danke an den Sponsor. Später haben wir den Preis erfahren, da haben wir uns wie in Norwegen gefühlt. Nicht auszudenken, wenn wir alle 12 % Lohnerhöhung und 650 EUR Einmalzahlung bekommen und im nächsten Jahr das Gleiche, da kostet dann ein Bier, wenn wir 100 Jahre alt sind 250 EUR. Trübe Aussichten, da kann man sich das Biertrinken glatt abgewöhnen. Na ja, aber ein Flasche Wasser wird dann ja auch 150 EUR kosten. Was tun? Lieber nicht weiter nachdenken…

Nach dem Freibier verabschieden sich unsere Fans Katja und Monsche in Richtung Teterow. Sie müssen am Montag wieder arbeiten.

Ich gehe noch mal bei der WFL vorbei und vergewissere mich, da Segelanweisung es nicht hergibt, ob mehr als eine Wettfahrt am folgenden Tage gesegelt werden würde. Nein definitiv nicht. Damit steht fest, dass wir die 134. Kieler Woche als Teamwork Team gewonnen haben. Stiller verhaltener Stolz kommt auf.

Der Abend wird wieder eine Grillfete mit Besuch, mit Getränk vom ganz feinen. A.Riise – Navy. Ein schöner Tropfen. Karsten – Stürmann der „Nautilus“ – gibt sich die Ehre. Sie haben mit seinem Sohn Lenny einen ILCA-Segler an Bord, ist zu merken. Schön, wenn wir alten Zöppe von Jüngeren beerbt werden. Er gehört zu denen, dem Kuttersegeln Spaß macht. Es ist das Segeln im Team, sagt er. Den Schweinetrog muss man halt auch beherrschen. Wir schnacken die Welt durch. Fazit: Wir haben es verdammt gut – noch!!! Ab in die Heia, Start ist am nächsten Tag um 8:30 Uhr. Etwas früher raus. Frühstück dauert heute, sie haben keine Brötchen bekommen, etwas länger. Wir überstehen das. Runter zum Hafen. Kein Wind, trotzdem Auslaufen. Wir segeln und rudern, sind aber zum Startzeitpunkt noch weit von der Startlinie entfernt. Jetzt fangen die grauen Schiffe an auszulaufen. Die Gummiboote der WFL schieben die Kutter aus dem Hafen. Als wir endlich am Start ankommen frischt der Wind von Null bis Pub – Wind segelbar – auf. Der Kurs liegt schon. Es ist der größte Kurs den die WFL in diesen Tagen ausgelegt hat. Also die größte Entfernung zwischen der BM 1 in luv und der BM 3 in lee. Vielleicht einfacher heute, Wind kommt Ost, aus Richtung Kreuzfahrtterminal.

  1. Wettfahrt
    Start erfolgt etwas später als 8:30 Uhr, Wind O 3 kn.

Ankündigungssignal. Aber ohne Kurs. Wir machen die WFL darauf aufmerksam. Sie bedanken sich. Wir tauchen gut ein, laufen schnell und hoch. „Nautilus“ hat sich zwischen anderen Kuttern eingeklemmt. „No. 7“ startet hinter uns aber höher. Aufmerksames Segeln lässt sie in unsere Abwinde fallen, wir können sie kontrollieren. So läuft die Wettfahrt eng und kontrolliert. Auch „Nautilus“ kommt auf. Wieder an der 1 angekommen fischt der Wind in luv auf, unsere Gegner laufen auf, aber dann bekommen wir auch den Wind und behaupten den knappen Vorsprung. Wir gewinnen mit einer halben Bootslänge Vorsprung vor „No. 7“ und „Nautilus“, die sich mit Marinekuttern an der 3 in die Quere gekommen waren und zu allem Überfluss die BM noch berührten. Wir hatten etwas mehr Glück mit den Marinekuttern, wenngleich wir auch zwei haarige Situationen im Wegerecht meistern mussten.

Ran an die Pier, abtakeln, abriggen, verpacken. Zu allem Überfluss weitet sich der Nieselregen in einen monotonen Landrege. Shit, Kranen, verladen, Kutter in die Basis am Zeltplatz. Duschen , später decken wir den Kutter noch mal ab, weil die Sonne scheint und noch gut trockenen kann. Danach alles abfahrbereit machen, Müll entsorgen. Zwischenzeitlich waren einige unserer Teammitglieder berufsbedingt abgereist. Siegerehrung, Pokale und Urkunden empfangen. Ab auf die Piste und nach Hause. Fazit: Leider nur sieben Starter in Kutterklasse K 10 , alte Bauernweisheit, wer nicht startet kann bekanntlich nicht gewinnen. Die Langstrecke konnte auf Grund von Windmangel nicht gesegelt werden. Pokalverteidigung im Jahr 2024 zur 135. Kieler Woche sollte eine Pflichtteilnahme für die Teamwork werden.